Vorlesen- mehr als Worte sagen
Was macht Vorlesen mit unseren Kindern?
„Nur noch eine Geschichte, bitte!“, – Wer diesen Satz hört, weiß, wie sehr kleine Zuhörer das Vorlesen lieben. Es ist ein Moment der Geborgenheit, wenn man zusammengekuschelt, die Seiten eines Buches aufschlägt und gemeinsam in bunte Fantasiewelten eintaucht.
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Was passiert beim Vorlesen im kindlichen Gehirn?
Beim Vorlesen entfacht ein wahres Synapsenfeuerwerk im kindlichen Gehirn. Wenn Kinder gespannt den Worten lauschen, aktivieren sie verschiedene Gehirnbereiche gleichzeitig: Die Sprachzentren verarbeiten neue Wörter und Satzmelodien, während das visuelle System Bilder und Szenen der Geschichte lebendig werden lässt. In den emotionalen Arealen entsteht ein Gefühl für die Figuren und ihre Gefühle, was die Empathiefähigkeit fördert. Jede dieser Aktivitäten löst kleine „Lichtblitze“ im Gehirn aus, die wie Funken neue neuronale Verbindungen schaffen. Dieses Synapsenfeuerwerk sorgt dafür, dass die Gehirnstruktur ständig erweitert und gestärkt wird – eine Basis für Sprachverständnis, Konzentration und Fantasie, die weit über die Vorlesezeit hinaus reicht.
Vorlesen stärkt das Urvertrauen
In einer Zeit, in der vieles hektisch und schnelllebig geworden ist, bietet das Vorlesen eine Möglichkeit, bewusst innezuhalten und ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Kinder spüren diese Nähe und das Gefühl, angenommen und sicher zu sein. Besonders in den frühen Lebensjahren stärkt diese gemeinsame Volesezeit das Urvertrauen: Sie vermittelt dem Kind, dass es in einer sicheren, liebevollen Umgebung geborgen ist. Diese einzigartige Bindung bildet die Basis für ein gesundes Selbstbewusstsein und eine stabile emotionale Entwicklung.
Die Förderung sprachlicher Fähigkeiten
Das regelmäßige Vorlesen ist wie ein Sprachbad für Kinder. Sie kommen in Kontakt mit Wörtern, Satzstrukturen und Sprachmelodien, die ihnen im Alltag vielleicht noch nicht begegnet sind. Dies erweitert den Wortschatz und schult auch das Verständnis für sprachliche Nuancen und die Fähigkeit, eigene Gedanken in Worte zu fassen. Studien zeigen, dass Kinder, den regelmäßig vorgelesen wird, oft schneller und besser sprechen lernen und in der Schule über ein besseres Textverständnis verfügen.
Die Sprachförderung beginnt also nicht erst im Kindergarten oder in der Schule – sie beginnt bereits auf dem Schoß der Eltern mit einem Buch in der Hand.
Vorlesen als Schlüssel zur Fantasie
Beim Lauschen von Geschichten tauchen Kinder in neue Welten ein, in denen alles möglich ist: Tiere sprechen, Ritter kämpfen gegen Drachen, und Heldinnen meistern spannende Abenteuer. Diese Fantasiewelten fördern das kreative Denken, indem sie die Kinder anregen, sich die Szenen vor ihrem inneren Auge auszumalen. Durch das Vorlesen lernen auch Kinder ihre Vorstellungskraft zu nutzen und neue Ideen zu entwickeln. Diese Fähigkeit, sich Dinge auszumalen und gedanklich flexibel auszubilden, ist im späteren Leben oft von großem Vorteil – sei es beim Problemlösen, im kreativen Ausdruck oder im sozialen Miteinander.
Soziale und emotionale Kompetenzen stärken
Beim Vorlesen geht es oft um Geschichten, die Emotionen wecken und Mitgefühl erfordern. Wenn Kinder mit Figuren mitfiebern, Freude, Angst oder Trauer miterleben, lernen sie, sich in andere hineinzuversetzen. Diese Fähigkeit zur Empathie ist eine wichtige soziale Kompetenz, die Kinder beim Vorlesen spielerisch entwickeln können. Sie lernen, die Perspektive anderer einzunehmen, und verstehen, wie sich verschiedene Emotionen anfühlen. Das gemeinsame Lesen und Diskutieren über die Erlebnisse der Figurenförderung sowie das Verständnis für Werte wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Mut. So kann das Vorlesen auch zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen.
Vorlesen braucht keine festgelegte Uhrzeit, sondern sollte dort stattfinden, wo es in den Alltag passt und sich alle Beteiligten entspannt auf das Erlebnis einlassen können.
Wann ist die beste Zeit zum Vorlesen?
Die Antwort auf die Frage ist ganz einfach: Vorlesen passt überall dort, wo Ruhe und Muße zum Lesen vorhanden sind. Ob vor dem Schlafengehen, während einer kurzen Auszeit am Nachmittag, unterwegs in Wartezeiten oder an einem ruhigen Wochenende – der Schlüssel liegt darin, sich bewusst Zeit zu nehmen. In diesen Momenten können sowohl Eltern als auch Kinder in die Welt der Geschichten eintauchen, ohne Ablenkung und mit ganzem Fokus aufeinander. Vorlesen braucht keine festgelegte Uhrzeit, sondern sollte dort stattfinden, wo es in den Alltag passt und sich alle Beteiligten entspannt auf das Erlebnis einlassen können.
Vorlesen kann aber auch ein schönes Ritual sein. Bei vielen Familien wird abends vor dem Schlafengehen vorgelesen, wenn der Tag zur Ruhe kommt. Es schafft eine beruhigende Atmosphäre, die den Kindern hilft, sich zu entspannen und den Tag hinter sich zu lassen. Während dieser Zeit können Eltern und Kinder sich ganz aufeinander konzentrieren, ohne Ablenkung.
Oft fließen auch die Eindrücke des Tages in die Geschichten ein. Kinder kommen ins Erzählen und können ihre Erlebnisse noch einmal Revue passieren lassen. Gedanken und Gefühle können auf eine kindgerechte Weise aufgegriffen werden. Vorlesen wird so zu einem Moment des Genusses und bietet eine sanfte Möglichkeit, den Tag zu reflektieren. Oder das Kind fällt beim Vorlesen in einen entspannten Schlaf.
Bundesweiter Vorlesetag
Dem Vorlesen ist ein ganzer Tag gewidmet – der bundesweite Vorlesetag, der jedes Jahr am dritten Freitag im November gefeiert wird. Dieser Aktionstag wurde von der Stiftung Lesen, Die Zeit und der Deutsche Bahn Stiftung ins Leben gerufen und setzt ein öffentliches Zeichen für die Bedeutung des Vorlesens.
Ziel ist es, sowohl Kinder als auch Erwachsene für die Freude an Geschichten zu begeistern und das Vorlesen als wichtige kulturelle und pädagogische Praxis zu fördern. Der Vorlesetag lädt Menschen aller Altersgruppen ein, sich gemeinsam in die Welt der Bücher zu vertiefen. Zahlreiche Veranstaltungen finden in Schulen, Bibliotheken und öffentlichen Einrichtungen statt, bei denen prominente Vorleser, Eltern und Großeltern ihre liebsten Geschichten teilen.
Informationen zu Vorleseaktionen in Ihrer Nähe finden Sie auf der offiziellen Webseite des Vorlesetags, die eine Übersicht über alle Veranstaltungen und Vorleseempfehlungen bereithält.
Vorlesen ein Ritual, das bleibt.
Das Vorlesen ist ein Geschenk, das weit über die Kindheit hinaus seine Wirkung entfaltet. Für viele bleibt das Gefühl, eine Geschichte erzählt zu bekommen, ein wohltuendes Erlebnis – ein Moment der Ruhe. Die Erinnerungen an diese gemeinsamen Stunden bleiben oft ein Leben lang, denn sie sind eng verbunden mit Geborgenheit und Nähe. Deshalb lohnt es sich, das Vorlesen zu einem festen Ritual zu machen und diese besondere Zeit mit den Kindern zu genießen. Gerade in der hektischen Vorweihnachtszeit, wenn der Dezember vor der Tür steht, kann eine kurze Auszeit mit einem guten Buch eine wertvolle Gelegenheit sein, dem Alltag zu entfliehen und gemeinsam zur Ruhe zu kommen.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen guten Start in die gemütliche Jahreszeit und hoffen, dass Sie viele schöne Momente des Vorlesens und der gemeinsamen Zeit mit Ihren Kindern erleben können.